Bürgerauszug
Bürgerauszug
von Rosmarie Hofmann
Es ist alljährlich ein großartiger Anblick, wenn am Kirchweih-Dienstag in der letzten Septemberwoche die Bürgerwehr in Frack und Zylinder hinter den wehenden Fahnen der Vereine, begleitet von der Marschmusik der Großlangheimer Musikanten zum Schützenhaus zieht. Dort findet nach uraltem Brauch das Bürgerschießen statt. Der beste Schütze wird Bürgerkönig und erhält als Preis heute einen Geldbetrag, früher war es ein Hammel. Die folgenden Schützen erhalten je nach Qualität ihres Schusses praktische Gegenstände als Preis. Im 18. Jahrhundert erhielten die Preisträger wertvolles Zinngeschirr. Nach der Preisverteilung auf dem Sportplatz, gegen 16.00 Uhr, zieht wiederum der lange Zug von ca. 120 Bürgern und Burschen mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel zurück ins Dorf zum Haus des Bürgerkönigs.
Dieser hat die Ehrenpflicht für alle am Auszug Beteiligten einen Umtrunk zu spendieren. In der Dorfmitte treten alle Bürger zum Schluss noch einmal an. So soldatisch stramm wie am Morgen vor dem Rathaus gelingt es zwar nicht mehr, aber es gilt die alte Regel: Nur wer aufrecht eingezogen ist darf nächstes Jahr wieder mit ausziehen“. Wie alt diese wichtigste Veranstaltung anlässlich der Kirchweih ist, kann nicht belegt werden. Vermutlich liegen die Ursprünge der Bürgerwehren in der mittelalterlichen Wehrverfassung.
Neben der wehrpflichtigen Rittersschaft und den landesherrlichen Heeren mussten auch die Bürger bei einem drohenden Angriff zu den Waffen greifen. Auf das Bestehen einer Bürgerwehr lässt im Castell‘schen Hausarchiv ein Verzeichnis des Amts Castell-Rüdenhausen schließen, das auch die Wiesenbronner betrifft. Es nennt die Untertanen, in deren Häuser von „Herrschafts- wegen“ Hackenbüchsen- die Vorläufer der modernen Gewehre- gelegt wurden. Diese Büchsen sollten „also uff den Häusern bleiben“. In der Schweiz ist das bis heute so. Es folgen die Namen der Untertanen, die auf eigene Kosten für Waffen sorgen mussten. Anzuschaffen waren „1 Feustling, Federspies und ein Seidenwehr“.
Auf Grund dieser Urkunde kann gesagt werden, dass die Bürgerwehren in ihren Anfangszeiten den Dorfherrschaften unterstanden. Einer der Schultheißen oder ein Viertelmeister leitete den Trupp Männer, die Waffen besaßen.
Sie trugen die Wappenfarben ihrer Herrschaft meist als Band über ihrem Gewand.
Beim Bürgerschießen wurden in bescheidener Form die Turniere des Adels nachgeahmt. Die besten Schützen bekamen wertvolle Preise. Dadurch förderten die Dorfherrschaften den Übungseifer, denn treffsichere Schützen wurden in den Zeiten ständiger Raubzüge und Kriege zur Verteidigung des Ortes gebraucht.
Nachdem 1814 das Regiment der Dorfherrschaften zu Ende gegangen war, trugen die Bürger nicht mehr Schärpen in den landesherrlichen Farben, sondern die Tracht des ehrenwerten Bürgers dieser Zeit, nämlich Gehrock und Zylinder, als Zeichen der neuen bürgerlichen Freiheit. Das blieb bis heute so. Mit der Waffe braucht Hab und Gut, Leib und Leben heute, Gott Lob, nicht mehr geschützt werden, aber die Pflicht zu gegenseitiger Hilfeleistung, zu der die Bürgerwehr verpflichtet war, sollte heute noch genau so gelten wie damals.
Wer hat Kerm?
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